Warum Beteiligung nicht gut oder schlecht ist

Der Zeitgeist sagt: “Beteiligung ist eine gute Sache. Nur mit Beteiligung kann die Energiewende gelingen.” Es gibt keine Publikation mehr, die nicht mit diesem Mantra hausieren geht. So setzt z.B. die Landesregierung von Baden-Württemberg bei der Energiewende auf eine frühzeitige Einbindung der Bürgerschaft – denn das sei die Voraussetzung dafür, dass Netzausbau, Wind- und Solarparks mit hoher Akzeptanz umgesetzt werden können. Das Motto lautet: Mehr Beteiligung führt zu mehr Akzeptanz.

Doch so richtig diese Aussage sein kann, so falsch kann sie auch sein. Es hängt von den Umständen ab, unter denen ich andere Menschen am Planungsprozess oder finanziell beteiligen will. Wenn mein Windparkprojekt oder mein Wohnungsbauvorhaben noch weitgehend unbekannt vor Ort ist, kann es sehr sinnvoll sein, die Bevölkerung in ihrer Breite in den Planungsprozess einzubeziehen. Wenn sich vor Ort allerdings schon eine brenzlige Stimmung zusammengebraut hat, kann mein ganzes Projekt kippen, wenn ich in dieser Situation breit zu einer Informationsveranstaltung einlade. Auch finanzielle Beteiligungsangebote können durchaus die Tür zu mehr Akzeptanz öffnen. Doch wenn sich vor Ort bereits eine harte Gegnerschaft gegen mein Projekt etabliert hat, muss jedes finanzielle Beteiligungsangebot natürlich wie Bestechung wirken, was wiederum die Ablehnung noch verstärkt.

Es geht also darum, zu verstehen, dass Beteiligung nicht per se etwas Gutes ist (genauso, wie sie nicht einfach schlecht ist). Beteiligung ist erst einmal nur ein Werkzeug aus dem großen Werkzeugkasten des Akzeptanzmanagements, um in bestimmten Situationen vor Ort Kommunikation zu ermöglichen, Vertrauen aufzubauen oder die Akzeptanz von Projekten zu fördern. Wann und wie ich dieses Mittel einsetze, hängt jedoch von der jeweiligen Situation ab.

Da aber jedes Projekt unter ganz spezifischen Bedingungen mit ganz spezifischen Menschen ungesetzt werden muss, kann es also auch keine allgemeingültigen Kochrezepte für die Förderung von Akzeptanz geben - auch wenn wir das gern hätten. Hier hilft letztlich vor allem viel Erfahrung im praktischen Akzeptanzmanagement.

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Dialoge und Beteiligung sind Mittel, um ein bestimmtes strategisches Ziel zu erreichen.

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Sind Bürgerräte noch zeitgemäß?