Ein Beispiel aus unserer Arbeit.

In all den Jahren, in denen wir als Berater:innen für Flächennutzungskonflikte arbeiten, sehen wir uns vielerorts mit ähnlichen Konstellationen konfrontiert. Auch wenn die soziale, politische, ökonomische und ökologische Gemengelage vor Ort jeweils individuell sind, gibt es eine gewisse Dramaturgie nach der sich die Geschehnisse vor Ort entwickeln und beschreiben lassen.

Ausgangslage.

Windparkfirma.

Zum Glück, das Vogelgutachten hat keine geschützten Arten für das Windgebiet erbracht. Es kann also losgehen. Der Deal mit dem Bauern steht, mit der Bürgermeisterin haben wir schon zwei positive Gespräche geführt. Jetzt heißt es, gute Beteiligungsangebote zu machen. Ein Bürgerwindrad kommt immer gut und von vergünstigtem Strom haben auch alle was.

Bürgerinitiative.

Unglaublich, jetzt will diese Firma direkt am Dorfrand Riesen-Windräder aufstellen. Dort hatte man doch immer diesen schönen Blick über die Felder. Ist mein Grundstück dann überhaupt noch was wert, wenn die Dinger erst einmal stehen? Ich bin doch nicht auf`s Land gezogen, um jetzt Industrieanlagen vor der Nase zu haben!

Naturschutz.

Komisch, wer jetzt nicht alles Vogelschützer ist! Dabei ist aus Naturschutzsicht nichts so tot wie ein Acker. Aber ich kann jetzt bei dem Geschrei der Zugezogenen auch nicht so tun, als wäre es mir egal, ob dort Windräder hinkommen. Und mit dem Hinweis, dass durch die Windmühlenflügel wahrscheinlich hunderte Vögel zu Tode kommen, haben sie wohl auch recht.

Lokalpolitiker:Innen.

Ja, schön sind diese Windräder wirklich nicht. Aber es sind ja nur sieben. Und die Windfirma hat bereits jetzt Geld zugesagt, das wir dringend für die Dorferneuerung bräuchten. Das Gemeindehaus müsste z.B. mal neu gedeckt werden. Und vielleicht könnte man ja auch den Dorfladen wiederbeleben? Das müsste doch eigentlich auch die Leute hier überzeugen.

Großbauer.

Mit Landwirtschaft kann man schon lange kein Geld mehr verdienen. Cool, dass diese Windfirma kam und mir all das Geld geboten hat, wenn ich auf meinem Acker eine Windmühle aufstellen lasse. Und doppelt cool ist, dass diese Summe jetzt jedes Jahr kommt. Damit habe ich ausgesorgt, und kann Landwirtschaft als Hobby betreiben.

Dorfbewohner:Innen.

Eigentlich sind mir diese Windräder ja schnuppe. Ich sehe die sowieso nicht. Unser Bauer soll sogar gut daran verdienen. Soll er ruhig. Aber jetzt machen die Zugezogenen solchen Stress von wegen, wir verlieren unser ganzes Geld, unser Haus ist nichts mehr Wert und werden alle krank. Keine Ahnung, ob da was dran ist. ich muss mal die Bürgermeisterin fragen.

Was passiert, wenn nichts passiert?

Dieser ganze Streit ist inzwischen völlig aus dem Ruder gelaufen! Der Riss, FÜR oder GEGEN die Windräder, geht quer durch das Dorf, ja durch die Familien. Letzte Woche wurden dem Bauern sogar die Autoreifen zerstochen, obwohl ihn doch eigentlich alle ganz gut hatten leiden können. Und gestern ist dann die Bürgermeisterin zurückgetreten - aus Frust!

Erst waren es ja nur die Zugezogenen mit ihrer Bürgerinitiative gewesen. Aber die haben geschickt Stimmung im Dorf gemacht, überall Protestplakate und Holzkreuze aufgestellt. Die Informationsveranstaltung, die die Windfirma zusammen mit der Bürgermeisterin schnell einberufen hatte, ging komplett nach hinten los. Überall nur Ärger, Neid und Angst.

Wie wir vorgehen.

Ausgangslage verstehen.

Als erstes war es wichtig, zu verstehen, wie der Ort tickt. Wer kann mit wem und mit wem nicht? Wie entscheidend sind die Entscheidungsträger tatsächlich? Gbt es Leute, die das Windprojekt unterstützen? Was sind wichtige Themen im Ort? Und wie wird das Windprojekt gesehen? Dazu führten wir eine soziale Standortbewertung durch. Wir reisten in die Region, machten uns mit dem Ort und der Windfläche vertraut und führten Interviews. Vor allem hörten wir zu und versetzten uns in die die Lage der dort lebenden Menschen. Denn nur wenn man versteht, worum es den Menschen geht, findet man die richtigen Lösungen.

Strategie ableiten.

Sobald wir mehr über die Situation und die verschiedenen Perspektiven der am Konflikt Beteiligten wussten, berieten wir die Windfirma, welche Optionen sie haben, um Unterstützung für Ihr Vorhaben zu gewinnen. In dem Beispiel ging es z.B. weniger um finanzielle Beteiligungsangebote als um Anerkennung, Selbstbestimmung und die Art und Weise, wie man miteinander ins Gespräch gekommen ist. Viele Anwohner hatten sich z.B. Gespräche von Angesicht zu Angesicht gewünscht.

Kommunikation umsetzen.

Dann ging es an die Umsetzung. Wir hatten uns entschieden, gezielt Unterstützer:innen für das WIndprojekt zu suchen und diese in eine Unterstützerkampagne einzubinden. Dazu klopften wir uns von Haustür zu Haustür. Das kam gut an, weil die Anwohner ihre Ängste und Sorgen jetzt direkt loswerden konnten. Und Unterstützer fanden wir auch. Außerdem coachten wir die Mitarbeiter:innen der Windfirma in strategischer Kommunikation und bereiteten sie auf die Bürgerversammlung vor. Für die Veranstaltung hatten wir das Info-Markt-Modell emfohlen und da uns viele Dorfbewohner schon von der Haustür kannten übernahmen wir die Moderation. Bei Bedarf hätten wir auch für professionalles Konfliktmanagement bereit gestanden, aber das wurde gar nicht mehr gebraucht. Es war uns gelungen, durch passende Kommunikation den Konflikt in konstruktive Bahnen zu lenken.

Erfahrungen evaluieren.

Optinal bieten wir eine Evaluation der durchgeführten Maßnahmen an. Diese führen wir meist als qualitative Kurzinterviews durch - persönlich oder am Telefon. Eine Evaluation kann sich vor allem dann lohnen, wenn Sie als Projektträger:in längere Zeit in der selben Region aktiv sein wollen. Auf diese Weise können Sie lernen und Ihre Kompetenz im Bereich Bürger:innenbeteiligung weiter ausbauen.

Nehmen Sie Ihr Projekt in die Hand.