Wenn Stakeholderanalysen bereits verändern

Wenn Sie wissen wollen, wie die Region tickt, in der Sie bauen wollen, brauchen Sie Informationen. Dafür haben sich sogenannte Stakeholderanalysen bewährt.

Ziel einer Stakeholderanalyse ist es, die Akteure und die Themen zu identifizieren, die das politische und öffentliche Meinungsklima vor Ort prägen - egal ob es sich um ein Baugrundstück, ein Windeignungsgebiet oder einen festgelegten Trassenkorridor für eine Hochspannungsleitung handelt.

  • Dazu werden die wichtigsten Entscheidungsträger und Meinungsführer auf lokaler Ebene identifiziert, um so den Kreis der während des Stakeholdermanagements anzusprechenden Akteure festzulegen. Es wird dabei auf Akteure geachtet, die vor Ort ausreichend Reputation besitzen, um Dialogprozesse in der Region zu moderieren. Zudem sollen Akteursgruppen identifiziert werden, die sich gegen das Projekt engagieren.

  • Weiterhin sollen Stimmungen und Themen ermittelt werden, die die Wahrnehmung Ihres Bauvorhabens unter den Stakeholdern und in der Bevölkerung positiv oder negativ prägen bzw. prägen könnten. Auf diese Weise sollen die Mindestbedingungen identifiziert werden, unter denen aus Sicht der Stakeholder und der Bevölkerung der geplante Bau harmonisch in den regionalen Kontext integriert werden kann.

  • Darauf aufbauend sollen Ansatzpunkte für eine strategische Kommunikation ausgearbeitet werden, die regionale Empfindlichkeiten und Möglichkeiten in der weiteren Planung und Umsetzung des Bauvorhabens berücksichtigen.

So weit zur Theorie. Natürlich wäre es ideal, erst ausgiebig zu analysieren, dann daraus strategische Empfehlungen für die Kommunikation abzuleiten und schließlich die Strategie umzusetzen. Doch die Praxis ist komplexer. Wenn Sie z.B. im Rahmen einer Stakeholderanalyse Interviews mit Entscheidungsträgern führen, nehmen Sie bereits Einfluss auf die Akteure und verändern damit die Situation vor Ort.

Gut, Sie könnten die Interviews weglassen und nur nicht-intervenierende Methoden einsetzen, wie z.B. eine Medien- und Internetanalyse oder die Auswertung von Wahlstatistiken. Das kann in bestimmten Projektphasen auch eine bewusste Entscheidung sein. Aber damit berauben Sie sich einer wichtigen Quelle für Detailinformationen und vor allen der Möglichkeit, mehr über die Stimmung vor Ort aus Sicht der lokalen Akteure zu erfahren.

Deshalb ist es wichtig, bei der Auftragsklärung abzustimmen, wie detailliert die Informationen sein müssen, die in der aktuellen Planungsphase aus der Region gebraucht werden. Geht es um eine erste Orientierung über wichtige Themen und Akteure im Planungsgebiet reichen eine Kurzanalyse der Presse- und Internetveröffentlichungen aus (Startmodul). Wenn Sie einen detaillierten Überblick benötigen, wer vor Ort welche Interessen gegenüber Ihrem Projekt vertritt, kommt man um Gespräche und Interviews vor Ort nicht mehr herum (Aufbaumodul). Der Einfluss, den Sie mit Ihrem Auftauchen auf die Akteure und ihre Beziehungen untereinander haben, muss deshalb strategisch mitgedacht werden.

Vor Beginn einer Stakeholderanalyse weisen wir unsere Auftraggeber darauf hin, dass wir den Menschen vor Ort nicht einfach nur Fragen stellen und Antworten erhalten, sondern dass wir, indem wir vor Ort auftauchen, indem wir Fragen stellen, bereits etwas verändern. Deshalb ist es im Vorfeld einer Stakeholderanalyse auch wichtig, das Wording abzusprechen, warum und in wessen Auftrag man unterwegs ist. In der Praxis hat es sich bewährt, offen mit diesen Fragen umzugehen. Bereits bei der Anfrage nach einem Interviewtermin betonen wir, dass wir im Auftrag von XY unterwegs sind, der erfahren möchte, wie die Menschen vor Ort das Bauvorhaben sehen, um dann gemeinsam nach Wegen zu suchen, wie das Projekt auch umgesetzt werden kann.

Siehe auch Praxis-Tipp 3 im Umgang mit Bürgerprotesten: Überblick verschaffen

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