Was ist eigentlich Akzeptanzmanagement?

Die Akzeptanzforschung zu erneuerbaren Energien wird seit einigen Jahren massiv gefördert. Es wird an den unterschiedlichen Faktoren geforscht, die die Akzeptanz der erneuerbaren Energien vor Ort positiv oder negativ beeinflussen, es geht um die Akteure, die Einfluss nehmen, es geht um die “Narrative” also Erzählungen, die im Diskurs um erneuerbare Energien transportiert werden, es wird erprobt, wie Augmented Reality bei der Visualisierung von künftigen Windrädern helfen könnte, mehr Akzeptanz zu bekommen, ja es geht sogar um den Vergleich der Windakzeptanz zwischen verschiedenen Ländern. Akzeptanzforschung zum Aufbau anderer Infrastrukturen, wie z.B. neuer Umgehungsstraßen, Wohngebiete oder Tiermastanlagen, kommt nur am Rande vor, einfach, weil der Fokus der Forschungsförderung bei den erneuerbaren Energien liegt.

Akzeptanzforschung sucht Kochrezepte

Akzeptanzforschung ist dabei immer auf der Suche nach möglichst breit einsetzbaren Methoden, um Konflikten um den Infrastrukturausbau vorzubeugen bzw. mit diesen konstruktiv umzugehen. Man kann den Wunsch nach „Kochrezepten“ verstehen: Gern hätte man eine einfache Methode, die überall funktioniert und letztlich zu Akzeptanz für neue Projekte führt. Die Folge: Ohne Ende werden Anleitungen und Handbücher herausgegeben. In der Praxis taugen diese Handbücher aber kaum.

Wenn man einmal in der Praxis tätig war und erlebt hat, wie individuell jeder Fall ist, dann wundert es einen, dass Forscher auf die Idee kommen, etwas zu lernen, indem sie möglichst viele Fälle übereinanderlegen und hoffen, auf diesem Wege das Gemeinsame herauszufiltern, um allgemeingültige Aussagen treffen zu können. Dabei wäre es so wichtig, auf das Individuelle zu achten, um die Prozesse zu verstehen, die eigentlich ablaufen.

Auf das Individuelle kommt es an

Aus der Praxis heraus haben wir gelernt, dass jeder Fall ganz individuell bearbeitet werden muss, wenn man Projekte vor Ort umsetzen will. Aus unserer Sicht ist das ein Handwerk, das viel Fingerspitzengefühl und große Erfahrung braucht – wir nennen es Akzeptanzmanagement.

Deshalb stellt sich die Frage: Brauchen wir wirklich noch mehr Akzeptanzforschung, um noch genauer zu verstehen, welche Faktoren Einfluss auf die Akzeptanz haben? Oder bräuchten wir die vielen Kommunikationsexperten, die jetzt am Thema Akzeptanz forschen, nicht viel dringender in der Praxis?

Wir brauchen mehr Akzeptanzmanagement-Wissen

Meiner festen Überzeugung nach, werden wir die großen Aufgaben, die wir durch den notwendigen Ausbau erneuerbarer Energien vor uns haben, niemals schaffen, wenn wir uns weiterhin auf die Erforschung von Faktoren und Gelingensbedingungen konzentrieren. Stattdessen brauchen wir Wissen darüber,

  • wie wir Menschen vor Ort dabei unterstützen können, konstruktiv mit Konflikten umzugehen,

  • wie wir vor Ort das Feld nicht den Populisten überlassen,

  • wie wir Unterstützer auf die Straße bringen oder

  • wie wir Meinungen bilden und gezielt in die Öffentlichkeit tragen.

Wir brauchen also mehr Management-Wissen. Wissen, das das “Wie” in den Mittelpunkt stellt. Wir brauchen einen gut gefüllten Koffer mit Methoden, wie man in eskalierende Konflikte eingreifen kann, wie man die Deutungshoheit im Diskurs erlangt, wie man Menschen in Unterstützerkampagnen einbindet. Dieses Wissen findet man jedoch nicht im Büro oder in Publikationen, sondern in der Praxis. Nur in der Praxis können wir die Erfahrungen sammeln, die wir für das Akzeptanzmanagement brauchen. Nur hier lernen wir, wann und unter welchen Bedingungen ein bestimmtes Tool eingesetzt werden sollte oder eben nicht.

individuelles und soziales Verhalten

Akzeptanzmanagement nutzt individuelles und soziales Verhalten von Menschen im Allgemeinen und in einer ganz spezifischen Situation, um die Umsetzung von Projekten zu ermöglichen bzw. zu erleichtern.

  • Wie nehmen Menschen die Welt wahr?

  • Wie orientieren sich Menschen in der Welt?

  • Wie orientieren sich Menschen aneinander?

  • Wie interagieren Menschen miteinander?

Akzeptanzobjekt, Akzeptanzsubjekt, Akzeptanzkontext

Dabei umfasst Akzeptanzmanagement alle Maßnahmen, die darauf abzielen, dass ein neues Infra-strukturprojekt vor Ort Akzeptanz findet. Das schließt ein:

  • Maßnahmen, die zu einer Veränderung des Projekts selbst führen (Akzeptanzobjekt): Wie kann/muss ein Projekt verändert werden, dass es anders wahrgenommen (leichter akzeptierbar) wird, weil es die natürlichen und sozialen Gegebenheiten vor Ort besser berücksichtigt?

  • Maßnahmen, die an den Sichtweisen, Positionen, dem Wissensstand oder dem Mut der beteiligten Akteure, sich in der Öffentlichkeit zu positionieren, ansetzen (Akzeptanzsubjekte): Wie kann durch Aufklärung die Wahrnehmung vernachlässigter Aspekte des Projekts verbessert werden? Wie kann durch Beteiligung das Vertrauen in den Projektierer vergrößert werden? Wie kann durch Unterstützeraktivierung vor Ort gezeigt werden, dass es auch Nachbarn gibt, die hinter dem Projekt stehen?

  • Maßnahmen, die an den gegebenen Rahmenbedingungen für das Projekt ansetzen (Akzeptanzkontext): Wie können Anreize geschaffen werden (finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten oder Vor-Ort-Nutzung von Strom), die einen Nutzen für Kommune und ihre Einwohner schaffen? Wie können sich Projektierer von schlechten Erfahrungen abgrenzen, die die Menschen in der Vergangen-heit mit anderen Projektierern gesammelt haben (große Transparenz und Aufbau von Vertrauen)?

Der Schlüssel liegt in einem fallspezifischen Vorgehen und erfordert viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Wenn Sie mehr wissen wollen, besuchen Sie gern unsere dreitägige Weiterbildung “Akzeptanzmanagement in Infrastrukturprojekten”.

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