Tipp 8: Agieren Sie strategisch

Praxis-Tipps im Umgang mit Bürgerprotesten

Vergewissern Sie sich, was Ihr Ziel ist und auf welchen Wegen Sie dorthin kommen können. Dabei ist der direkte Weg nicht immer der beste. Agieren und kommunizieren Sie bei der Umsetzung Ihrer Bauvorhaben deshalb strategisch.

Denn das tun auch die Anwohner oder Bürgerinitiativen, die Ihr Projekt verhindern wollen. Ganz plötzlich interessieren sich Menschen für Vogelarten und seltene Pflanzen. Denn mit Naturschutzargumenten wurde schon so manches Bauvorhaben verhindert und man findet Anschluss an starke Verbündete wie Nabu oder BUND. Auch der Denkmalschutz kann Schützenhilfe leisten, wenn historische Schlachtfelder oder Pilgerwege tatsächlich oder angeblich betroffen sind.

Deshalb hilft es auch nichts, sich über die “böse” Bürgerinitiative zu ärgern oder die Muskeln spielen zu lassen. Lehnen Sie sich innerlich zurück und spielen Sie das Spiel mit.

In einem kürzlich abgeschlossenen Projekt unterstützten wir eine Stadtverwaltung bei der Planung eines neuen Wohngebiets mit strategischer Kommunikation. Bislang war die für das Wohngebiet vorgesehene Fläche eine unbebaute Wiese, um die man spazieren und den Hunden Auslauf geben konnte. Sobald die Bebauungspläne bekannt wurden, gab es Protest seitens der Anwohner - und der war durchaus kreativ. Um Mitbürger für den Schutz der Wiese zu sensibilisieren, stellten die Anwohner:innen hochwertige Schautafeln am Rand der Wiese auf. Darauf waren hier vorkommende Tier- und Pflanzenarten abgebildet.

Der aufgeregte Anruf des Stadtplanungsamtes bei uns ließ nicht lange auf sich warten. Das könnten DIE nicht tun! Dazu müssten DIE eine Genehmigung beantragen! Das müssen DIE innerhalb einer gesetzten Frist wieder abreißen! Und so weiter. Nachdem wir die Mitarbeiter:innen des Stadtplanungsamtes beruhigt hatten, konzentrierten wir uns auf das eigentliche Ziel, einen Bebauungsplan aufzustellen, der eine Chance hat, von den Stadtverordneten angenommen zu werden.

Die Stadtverwaltung musste bzw. wollte sowieso mit den Bürgerinnen und Bürgern ihres Ortes in Dialog treten, also warum nicht mit einem stillen Dialog beginnen. Unsere Idee war, neben die Schautafeln der Anwohner Schautafeln der Stadt zu stellen, auf denen das Wohnungsbauprojekt mit seinen Zielen, räumlichen Eingriffen und Vorteilen dargestellt wird. Gesagt, getan. Mit einem Drohbrief hatten die Anwohner gerechnet, aber nicht mit dieser Art von Kommunikation. Jeder Spaziergänger konnte sich jetzt selbst ein Bild von den Planungen der Stadt machen.

Für diese Art von strategischem Agieren braucht es aber schon eine Portion Vertrauen seitens kommunaler oder privater Investoren und oft auch eine Weiterbildung der Mitarbeiter in strategischer Kommunikation. Denn die Mitarbeiter haben auch ihre Erfahrungen gesammelt und auf Druck wurde bislang immer mit Gegendruck reagiert. Sich stattdessen auf ein “Spiel” einzulassen, erfordert Mut, Kreativität und Ausdauer. Und tatsächlich kann es in bestimmten Situationen auch strategisch sinnvoll sein, einen Anwalt einzuschalten - aber eben nicht immer.

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